Wo ist mein Holz geblieben?
„Materialnachverfolgung“
Was wissen wir über das verbaute Baumaterial Holz, das aktuell als zukünftiger Rohstoff in Gebäuden lagert? Madaster ist die Datenbank, die exakt über diesen Verbleib von Rohstoffen am Bau Auskunft gibt. Doch stellt das Material-Kataster noch weitere Informationen und Dienstleistungen bereit, die einen funktionierenden Stoffkreislauf ermöglichen und optimieren.
Text: Robert Schütz
Am Anfang war der Baum, daraus entsteht das Brett, der Balken und schließlich das Haus, und dann? Was passiert mit dem Holz nach dem Rückbau? Diese Frage, die übrigens für alle Baumaterialien gilt, stellten sich auch die Pioniere von Madaster, als sie das Material-Kataster 2017 in den Niederlanden als Stiftung gründeten. In Deutschland ist man seit 2021 am Start. Weitere Niederlassungen gibt es in Norwegen, Österreich und der Schweiz. Unter Materialkataster versteht man eine detaillierte Datenbank, die Informationen über Baumaterialien und -Stoffe sammelt und breitstellt. In diesem Fall für einen verbesserten Stoffkreislauf.
Madaster: Das Material-Kataster für die Baubranche
Franziska Albrecht von Madaster Berlin konkretisiert: „Madaster ist als Materialkataster die Grundlage zur Wiederverwendung von Baumaterialien. Denn nur durch die Dokumentation von Art, Menge, Qualität und Ort ist es im Zuge von Rückbaumaßnahmen überhaupt erst möglich, C2C-fähige Materialien zu erkennen und entsprechend weiterzuverarbeiten. (Weitere Infos zum Thema C2C finden Sie in unseren Beiträgen auf Seite xx und xx) Doch hat Madaster auch einen wirtschaftlichen Nutzen: Albrecht hierzu: „Das Materialkataster ist in diesem Zusammenhang die Basis für skalierbare wirtschaftliche Geschäftsmodelle im Feld des Handels mit Sekundärmaterialien.“ Hierzu muss man wissen: Madaster schafft auch Transparenz über Rohstoffwerte und generiert Einblicke in die finanzielle Bewertung, den gebundenen Kohlenstoff, die Toxizität und das Wiederverwendungspotenzial der verwendeten Materialien, Komponenten und Produkte.
Vollständige Daten sichern Rücknahmegarantien
Viele Baustofflieferanten sichern bereits die Rücknahme von Baustoffen, doch müssen dann auch Informationen über den Verbleib und Zustand vorhanden sein. „Vollständige Daten über gebrauchte Holzelemente sind eine elementare Voraussetzung für die Rücknahme von Bauteilen“, so formulierte es Markus Steppler, Vertriebsleiter bei der Derix-Gruppe, einem führenden Experten für Ingenieurholzbau anlässlich des 16. Europäischen Kongresses EBH im letzten Jahr. Für diesen Informationsbedarf können wir bereits vorhandene Daten aus der digitalen Bauplanung und Baudokumentation nutzen. Wir im Holzbau haben Glück. Der Holzbau ist hierfür prädestiniert. Denn die Planungstiefe im Holzbau ist systembedingt bereits seit mehreren Jahrzehnten deutlich detaillierter als bei konventionellen Bauweisen.
BIM-Model liefert Fakten für Stoffkreislauf
Da wäre zum Beispiel der Digitale Zwilling, der im Rahmen der digitalen Planungsmethode Open-BIM unzählige Informationen über ein Gebäude bereitstellt. (Siehe hierzu auch den Beitrag auf Seite xx. „Holzbau und BIM) Noch immer werden diese detaillierten Produktdaten (Stichwort: IFC-Property Sets) aus der Phase der Gebäudeerstellung zu wenig genutzt. Der seit langem geforderte Digitale-Gebäude-Ressourcenpasses könnte hier auch die Rahmenbedingungen für Datenverfügbarkeit, z.B. aus dem BIM-Modell grundlegend verbessern. Somit ergibt sich durch die Verknüpfung mit dem Materialkataster eine weitere wichtige Datenquelle.
Es gibt bereits verschiedene Akteure, die Ressourcenpässe entwickeln. Darunter die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und auch bei Madaster bietet man einen anpassbaren Gebäuderessourcenpass an, der aus vorliegenden Daten automatisch generiert werden kann.
Einen offiziellen deutschen Standard gibt es noch nicht. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) ist jedoch damit beauftragt, die Vorgaben für standardisierte digitale Gebäuderessourcenpässe zu erarbeiten. Mit dem Ergebnis wird laut Aussage von Franziska Albrecht von Madaster Berlin vorrausichtlich im Frühjahr 2025 gerechnet.
Madaster kooperiert eng mit der Praxis
Madaster sucht nach immer neuen Wegen und Lösungen den Stoffkreislauf zu optimieren und arbeitet eng mit der Praxis zusammen. Gemeinsam mit dem Ingenieurholzbauer Derix hat man zum Beispiel eine Schnittstelle zum bekannten Planungsprogramm Cadwork programmiert. Das Ergebnis: Mit wenigen Klicks in der Attributisierung der Bauteilinformationen werden sämtliche Bauteile samt Informationen bzw. Attributen in die Plattform Madaster eingelesen.
Die digitale Nachverfolgung funktioniert
Künftig können so Holzbauunternehmen den Bauherren und den zukünftigen Eigentümern z.B. sämtliche digitale Tragwerksdaten aus den eigenen Holzbauprojekten zur Verfügung stellen. Die Nutzung von digitalen Informationen über den Baustoff Holz von der Madaster-Cloud können dazu beitragen, dass Holzbauteile und -materialien bei einem späteren Rückbau effizient wiederverwendet werden können. Zudem können Rohstoffe nach dem Rückbau der Immobilie über Rohstoffbörsen zum Verkauf angeboten werden und auf diesem Weg für den Bau neuer Holzbauten genutzt werden. Wir fassen zusammen: Ziel von Madaster ist es, die Rahmenbedingungen und die digitale Infrastruktur für einen erfolgreichen Kreislaufwirtschaft zu optimieren. Markus Steppler von der Derix-Gruppe bringt es abschließend sehr schön auf den Punkt: „Nur wer weiß, was in einem Gebäude steckt, kann es als „Materiallager“ nutzen.
Über Madaster:
Madaster wurde 2017 in den Niederlanden als Stiftung gegründet und initial mit 2,4 Mio Euro durch das Innovationsprogramm „Horizont 2020“ der Europäischen Union finanziert. In Deutschland ist man seit 2021 am Start. Weitere Niederlassungen gibt es Norwegen, Österreich, UK und der Schweiz.
Über 10 Gesellschafter sind insgesamt an Madaster beteiligt, in Deutschland ist das Beratungsunternehmen Drees & Sommer als Gesellschafter aktiv. Die Verträge mit der Stiftung stellen sicher, dass die Gesellschafter keinerlei Zugriff auf die Daten der Plattform haben. Zusätzlich wird die Holding durch 350 Unterstützer mittels Crowdfunding unterstützt. Außerdem basiert die Finanzierung auf einer Förderung von EUR 2,4 Millionen durch das Innovationsprogramm „Horizont 2020“ der Europäischen Union.
Über den digitale Gebäuderessourcenpass
Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sind die Förderung der Kreislaufwirtschaft durch Senkung des primären Rohstoffbedarfs und der geplanten Einführung eines Gebäuderessourcenpasses als Ziel verankert.
Es gibt bereits verschiedene Akteure, die Ressourcenpässe entwickeln. Darunter die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und auch bei Madaster bietet man einen anpassbaren Gebäuderessourcenpass an, der aus vorliegenden Daten automatisch generiert werden kann.
Einen offiziellen deutschen Standard gibt es noch nicht. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) ist jedoch damit beauftragt, die Vorgaben für standardisierte digitale Gebäuderessourcenpässe zu erarbeiten. Mit dem Ergebnis wird laut Aussage von Franziska Albrecht von Madaster Berlin vorrausichtlich im Frühjahr 2025 gerechnet.
Dieser soll als Speicher für Gebäudeinformationen über den gesamten Lebenszyklus dienen und umfasst die die technischen und funktionalen Merkmale sowie ökologische, soziale und finanzielle Leistungen einer Immobilie.
Zudem können hieraus Informationen zum Rohstoff-Restwert abgeleitet werden und in die Immobilienwertermittlung einfließen.
Der Gebäudepass und alle darin enthaltenen Daten und Informationen über das Gebäude gehören den jeweiligen Gebäudeeigentümern, die entscheiden können, ob sie Dritten Zugang gewähren.
(Quelle: Madaster)