– emto Talk in Köln: Kreislaufwirtschaft der Zukunft. Chancen für die Digitalisierung.

– emto Talk in Köln: Kreislaufwirtschaft der Zukunft. Chancen für die Digitalisierung.

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Text: Roert Schütz:  Wie stark bestimmt die Digitalisierung den Erfolg der Kreislaufwirtschaft? Dieser Frage stellten sich Experten der Entsorgungsbranche anlässlich des ersten „Empto-Talk“ in Köln, bei dem ganz unterschiedliche Trends diskutiert wurden. Dabei waren auch ungewöhnliche Denkansätze durchaus ein Thema.

Mit rasender Geschwindigkeit werden wir von immer neuen digitalen Trends überrollt. Nicht alles macht Sinn und einiges ist nicht selten sogar kontraproduktiv, einiges klingt eher utopisch und manch eine Anwendung ist längst ganz unbemerkt Teil unseres Alltags. Um vor allem die Bedeutung der Digitalisierung für die Kreislaufwirtschaft umfassend zu beleuchten, hatte der Kölner Entsorgungsdienstleister Zentek Fachleute der Entsorgungswirtschaft zum ersten Empto Talk geladen. Mit diesem Forum will Zentek den Austausch zwischen der Entsorgungswirtschaft, Startups und den Hochschulen und Universitäten in Zukunft fördern. Das Thema der Premiere-Veranstaltung: „Kreislaufwirtschaft der Zukunft. Digitalisierung als Chance?“

Die Digitalisierung hat uns voll im Griff

Wie sehr die Digitalisierung unseren Alltag bereits beherrscht, ist vielen Menschen nicht bewusst. Das zeigt auch der Vortrag zum Thema „Asset Tracking“ von Dr. Michael Höge, er ist Geschäftsführer von „Square Metrics“. Die Methode der lückenlosen Bestandsverfolgung, wird u.a. vom Handel, den Industrie und Dienstleistungsunternehmen genutzt. Das funktioniert unbemerkt durch die Einbindung jedes beliebigen Smartphones. Es könnte auch Sie betreffen, wenn eine Bluetoots-Verbindung besteht. Selbst Fachleute zeigten sich sichtlich überrascht. Dabei werden Mobiltelefon und Bluetooth lediglich als Medium genutzt. Wir alle geben hierfür selbstverständlich vorab unser Einverständnis, indem wir das Kleingedruckte, nach der Installation neuer APPs akzeptieren. Mit der „digitalen Nachverfolgung“ von Gegenständen kann ein Händler aus der Ferne z.B. kontrollieren, dass seine POS-Aktion stets richtig positioniert ist. Sie als Handybenutzer merken und ahnen von diesem Vorgang nichts. Rechtlich ist das Ganze absolut in Ordnung, weil von ihnen akzeptiert.

Für effektivere Geschäftsprozesse

Auch Empto, der digitale Abfallassistent von Zentek, will „Asset Tracking“ ab diesem Sommer seinen Entsorgungspartnern zur Verfügung stellen. Durch die Einbindung der Lösungen des Unternehmens, das zur Osram-Gruppe gehört, kann Empto für teilnehmende Entsorgungsunternehmen die Fakturierung ihrer Leistungen noch am Tag der Durchführung gewährleisten. Bereits seit Juni ist zudem der neue Abfallmanager des Unternehmens am Start. Jeder Gewerbetreibende kann nun seinen jetzigen Entsorger – der nicht bei Empto registriert sein muss – und die jeweiligen Container ebenfalls direkt über das Portal beauftragen und abwickeln. Schon bald will man diese Dienste auch überregional anbiete. Das schafft entscheidende Vorteile für die Abfallwirtschaft.

Dr. Holger Berg

Dr. Holger Berg vom Wuppertal-Institut bemängelte den unzureichenden Einsatz bekannter Verfahren. (Quelle: Empto)

Doch sind nicht alle Innovationen gleich sinnvoll für die Branche. So musste der Referent Franz von Weizsäcker von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Erwartungen an die Blockchain-Technik zunächst dämpfen. Sein Fazit: „Ein mit kryptographischen Verfahren verkettete, kontinuierlich erweiterbare Liste von Datensätzen ist schlicht überdimensioniert.“ Er hält vielmehr eine konventionelle Datenbanklösung für zielführender. Doch gleichzeitig werden bewährte Techniken vernachlässigt oder bleiben ungenutzt. Dr. Holger Berg vom Wuppertal-Institut bemängelte in seiner Zusammenfassung über den Stand und die Perspektiven der Kreislaufwirtschaft, den unzureichenden Einsatz bekannter Verfahren, z.B. aus der Automobilindustrie und forderte daher: „Wenn es möglich ist, ein Auto mit Hilfe von Barcodes zu montieren, dann sollte es auch möglich sein, es systematisch zu demontieren und die einzelnen Rohstoffe so planbar zu verwerten.“ Diesen Nutzen für die Rückführung von Materialien in den Stoffkreislauf, bleibt jedoch bisher überwiegend ungenutzt. Hier besteht noch Potential.

Dr. Lina Sofie von Fricken und Christoph Ley

Frau Dr. Lina Sofie von Fricken, von Agravis: Bei uns läuft die Organisation und Abwicklung der Abfallentsorgung im Agrarbereich durchaus noch „sehr klassisch“ . (Quelle: Empto)

Das gilt auch für mittelständische Traditionsunternehmen, die noch immer dem gewohnten Ablauf und Trott vertrauen: So musste Frau Dr. Lina Sofie von Fricken, zuständig für das Nachhaltigkeits-Management bei der Agravis, zugeben, dass in ihrem Unternehmen, die Organisation und Abwicklung der Abfallentsorgung im Agrarbereich durchaus noch „sehr klassisch“ erledigt wird. Fax, Telefon und der Briefverkehr per Post, zählen hier zu den gewohnten Kommunikationswegen. Solche vertraute Arbeitsschritte verschlingen natürlich mehr Zeit.

Ist Markfähigkeit nur noch mit offenen IT-Systemen möglich?

Der konstruktive Vortrag von Stephan Schnück (Geschäftsbereichsleiter Zentek digital), kam da gerade recht: „Mit Empto bringen wir insbesondere kleine und mittelgroße Gewerbetreibende mit starken Entsorgungsunternehmen zusammen und reduzieren für beide Seiten administrative Aufwendungen sowie finanzielle Risiken“, betonte er. Empto versteht sich als digitale Plattform um Gewerbekunden die Angebotserstellung sowie den Angebotsvergleich zu vereinfachen. Die gesamte Abwicklung sämtlicher Entsorgungsvorgänge ist hier online möglich, egal ob einmalig oder regelmäßig. Den Nutzen sieht Schnück für kleine Containerdienste und flexible mittelständische Entsorgungsunternehmen. Sie bleiben dank niedriger administrativer Aufwendungen wettbewerbsfähig und können ihre Marktanteile deutlich ausbauen“ Weiter erklärte er. „Unabhängig von der betrieblichen Größe des Entsorgungsunternehmens, ist eine Marktfähigkeit nur noch mit offenen IT-Systemen möglich. Der Verantwortliche für Empto fordert daher: „Aufträge von Kunden müssen über einen digitalen Kanal ausgelöst und verarbeitet werden; Statusveränderungen müssen pro Auftrag ohne Zeitverlust in digitaler Form an Kunden kommuniziert werden.“ Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft sind nach seiner Ansicht digitale Plattformen in Zukunft entscheidend.

Plattformökonomie soll Wachstum fördern

Einen Schritt weiter ging der Spezialist für Plattformökonomie, sowie Gründer und CEO der Ecodynamics GmbH Hamidreza Hosseini. Er vertrat in seinem Beitrag die These: „Die Plattformen der dritten Generation bieten die Möglichkeit zu multidimensionalem Handel, und sie generierten damit ein exponentielles Wachstum.“ Die Zukunft wird zeigen, wohin uns diese Wachstumserwartungen in der Realität führen. Technisch ist vieles bereits machbar und noch mehr denkbar. Doch noch immer spielt der unkalkulierbare Faktor „Mensch“ mit seinen ganz persönlichen Interessen und Wachstumsvorstellungen eine große Rolle.

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Lübbermann, der fest daran glaubt: „99 Prozent aller Menschen sind gut.“ Und es funktionert. Der selbsternannte „Hippie“ hatte vor 17 Jahren mit „Premium“ einen Getränkehandel gegründet,

Ein Vorwurf den Uwe Lübbermann in seinem frei referierten Schlussplädoyer für das Gute im Menschen, weit von sich weist. Das Schöne ist, dass er seine utopisch anmutenden Thesen bereits in der Praxis belegen konnte. Die Veranstalter von Empto-Talk wollten mit diesem Beitrag zur alternativen Unternehmensphilosophie bewusst einen Gegenpol schaffen. Lübbermann, der selbsternannte „Hippie“  hatte vor 17 Jahren mit „Premium“ einen Getränkehandel gegründet, der noch immer nach exakt seinen Regeln funktioniert. Auf das Publikum beim Empto-Talk wirkten seine Ideen zunächst noch befremdlich: Schriftliche Verträge vermeidet Lübbermann, wo möglich. Hier funktioniert alles mit Handschlag und auf Vertrauensbasis. Hierarchien gibt es nicht, und Entscheidungen erfolgen per Mehrheitsbeschluss. Das funktioniert. Der Erfolg gibt ihm Recht. Jetzt interessieren sich selbst börsennotierte Unternehmen und ausländische Regierungen für die schlanken Organisationsstrukturen des Hamburgers, dem Gewinn grundsätzlich suspekt ist. „Wenn ich Gewinn mache, dann habe ich doch vorher Irgendjemand zu viel weggenommen“, erklärt er. „Das geht nicht.“, betont Lübbermann, der fest daran glaubt: „99 Prozent aller Menschen sind gut.“

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